Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 125a): Unterschied zwischen den Versionen

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''(Sembdners Quelle: Orpheus, eine Zeitschrift in zwanglosen Heften. Hrsg. v. Carl Weichselbaumer. Heft 3, Nürnberg 1824, S. 154-60). – Zimmermann, Karl: H. v. Kleist am Rhein 1803/04. Rhein. Vierteljahrsblätter, Jg. 21, 1956, S. 366-72)''
  
 
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Aktuelle Version vom 6. Dezember 2013, 08:26 Uhr

Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Christoph Martin Wieland an Dr. Georg Christian Gottlob Wedekind in Mainz. Weimar, 10. April 1804

Der Inhalt der Zuschrift vom 3. d. M., womit ich mich von Ihnen beehrt finde, hat mich nicht wenig gerührt und betrübt. Es ist nun beinahe ein Jahr, seit ich von Herrn von Kleist keine Nachricht habe, und ob ich gleich nicht sonderliche Ursache hatte, viel Besseres zu hoffen, so hätte ich mir doch auch nicht einbilden können, daß ich, nachdem ich diese Zeit her immer [auf Antwort] auf meinen vor ungefähr 3/4 Jahr nach Leipzig an ihn geschriebenen Brief gewartet hatte, durch die dritte Hand so traurige Nachrichten von seinen Umständen erhalten würde. [LS 89]

Wenn ich nun alle diese Umstände, seinen auf Selbstgefühl gegründeten, aber von seinem Schicksal gewaltsam niedergedrückten Stolz, die Exzentrizität der ganzen Laufbahn, worin er sich, seitdem er aus der militärischen Karriere ausgetreten, hin und her bewegt hat, seine fürchterliche Überspannung, sein fruchtloses Streben nach einem unerreichbaren Zauberbild von Vollkommenheit und seinen bereits zur fixen Idee gewordenen Guiscard, mit seiner zerrütteten geschwächten Gesundheit und mit den Mißverhältnissen, worin er mit seiner Familie zu stehen scheint, zusammen kombiniere, so erschrecke ich vor den Gedanken, die sich mir aufdrängen, und fühle mich beinahe genötigt zu glauben, es sei sein guter Genius, der ihm den Einfall, sich in Coblenz zu einem Tischler zu verdingen, eingegeben. Gewiß ist (in meinen Augen wenigstens), daß das Projekt, welches Ihnen Ihre so edelmütig teilnehmende Zuneigung zu diesem liebenswürdigen Unglücklichen eingegeben, ihn in einem Büreau bei Ihrem Freunde M* [Ch. Fr. Ph. Masson] unterzubringen, allein schon aus der Ursache von unbeliebigen Erfolg sein würde, weil diese Art von Beschäftigung und Abhängigkeit ihm in kurzer Zeit ganz unerträglich fallen würde etc. etc.

(Sembdners Quelle: Orpheus, eine Zeitschrift in zwanglosen Heften. Hrsg. v. Carl Weichselbaumer. Heft 3, Nürnberg 1824, S. 154-60). – Zimmermann, Karl: H. v. Kleist am Rhein 1803/04. Rhein. Vierteljahrsblätter, Jg. 21, 1956, S. 366-72)


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