Brief 1810-10-23
Absender: Heinrich von Kleist
Adressat: Eduard Prinz von Lichnowsky
An des Prinzen von Lichnowsky Durchlaucht, Berlin.
Mein gnädigster Herr,
Durch die Teilnahme, die Sie dem Abendblatt schenken, fühle ich mich zu gleicher Zeit aufs lebhafteste geschmeichelt und gerührt.
Was aber die beiden Artikel betrifft, wegen welcher Sie mir freundschaftliche Vorstellungen machen, so führe ich zu meiner Entschuldigung an,
1) daß das Blatt, in welchem sie stehen, ein Volksblatt d. h. (weil es kein Zentrum der Nation gibt) ein Blatt für alle Stände des Volks sein soll.
2) daß Aufsätze, wie der vom Tambour (der Beobachter an der Spree hat ihn schon abgedruckt) das Volk vergnügen und dasselbe reizen, auch wohl die anderen Aufsätze, die nicht unmittelbar für dasselbe geschrieben sind, zu überlesen.
3) daß der Kerl, nach meinem innersten Gefühl, verglichen mit dem, was bei Jena vorgefallen, eine so herrliche und göttliche Erscheinung ist, daß mich dünkt, das Unschickliche, was in seiner Tat liegt, verschwinde ganz und gar, und die Geschichte könnte, so wie ich sie aufgeschrieben, in Erz gegraben werden.
Gleichwohl, mein teuerster, gnädigster Herr, kann man auch des Guten zu viel tun; und auf Ihre freundliche Warnung aufmerksam (denn mit der guten Gesellschaft möcht ich es keineswegs gern verderben) soll wenigstens vorderhand nichts dem Ähnliches erfolgen.
Ihr gehorsamster
H. v. Kleist.
[Berlin,] den 23. Okt. 1810
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