Brief 1808-09-30
Absender: Heinrich von Kleist
Adressat: Ulrike von Kleist
Meine teuerste Ulrike,
Ich hatte mir, in der Tat, schon einen Paß besorgt, um nach Wormlage zu kommen, weil ich Dich in einer wichtigen Sache zu sprechen wünschte. Doch ein heftiges Zahngeschwür hält mich davon ab. Da die Sache keinen Aufschub leidet, so bitte ich Dich, Dich auf einen Wagen zu setzen und zu mir her zu kommen. Ich weiß wohl, daß man keiner andern Schwester so etwas zumuten konnte; doch grade weil Du es bist, so tue ich es. Der Überbringer ist mein Bedienter, in dessen Begleitung Du so sicher, wie in Abrahams Schoß, reisen kannst. Auch kannst Du, wenn Du vorlieb nehmen willst, bei mir wohnen. Es soll mir lieb sein, wenn Du länger bleiben willst, doch ich brauche Dich nur auf einen Tag, und Du kannst, wenn Du willst, mit demselben Wagen wieder zurückreisen. Ich gebe Dir alsdann meinen Bedienten wieder mit. Entschließe Dich, meine liebste Ulrike, schürz und schwinge Dich, das Wetter ist gut, und in drei Tagen ist alles, als wär es nicht geschehen.
Dresden, den 30. Sept. 1808
H. v. Kleist.
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