Brief 1807-12-17/01
Absender: Heinrich von Kleist
Adressat: Ulrike von Kleist
Ich habe gewagt, meine teuerste Ulrike, auf die 500 Rth., die Du mir versprachst, zu rechnen, und in der Hoffnung, daß sie mit Weihnachten eingehen werden, den Verlag eines Kunstjournals, Phöbus, mit Adam Müller, anzufangen. Die Verlagskosten, für den ganzen Jahrgang, betragen 2500 Rth., wozu Rühle 700 und Pfuel 900 Rth. hergeben, macht mit meinen 500 Rth. in allem 2100 Rth., der Rest kann von dem, was monatlich eingeht, schon bestritten werden. Es ist noch nie eine Buchhandlung unter so günstigen Aussichten eröffnet worden; eben weil wir die Manuskripte selbst verfertigen, die wir drucken und verlegen. Rühles Buch über den Feldzug hat die zweite Auflage erlebt; er bekömmt zum zweitenmal von Cotta 300 Rth. Und hätte er es selbst verlegt, so wären 2000 Rth. das mindeste, was es ihm eingebracht hätte. Das erste Heft des Phöbus wird Ende Januars erscheinen; Wieland auch (der alte) und Johannes Müller, vielleicht auch Goethe, werden Beiträge liefern. Sobald die Anzeigen gedruckt sind, werde ich Dir eine schicken. Ich wünsche nichts, als daß Du hier wärst, um Dich von dem innersten Wesen der Sache besser überzeugen zu können. Ich bin im Besitz dreier völlig fertigen Manuskripte, deren jedes mir denselben Gewinn verschaffen würde, den wir von dem Journal erwarten, und das ich nur bloß nicht drucken lassen kann, weil mir das Geld dazu fehlt. Inzwischen denken wir doch, daß wir zu Ostern schon so viel zusammengebracht haben, um eines davon: Penthesilea, ein Trauerspiel, zu verlegen. Wenn Du Dich entschließen könntest, hierher zu ziehen, so wären folgende Sachen gewiß, 1) ich würde Dir im ersten Jahre nichts kosten, 2) im zweiten würd ich Dich unterstützen können, 3) Du würdest mit eignen Augen sehen können, ob die Sache glückt oder nicht, 4) Du würdest Dich, wenn sie glückt, mit Deinem ganzen Vermögen hinein werfen können, 5) dadurch würde die Sache, die sich vielleicht sonst nur langsam entwickelt, ganz schnell reifen, und 6) und letztem, wir würden uns einander lieben können. Was willst Du gegen so viel Gründe einwenden? - Überlege Dir die Sache und schreibe mir. Ich muß schließen, ich bin wieder ein Geschäftsmann geworden, doch in einer angenehmeren Sphäre, als in Königsberg. - Was wäre doch wohl in Königsberg aus mir geworden? - Adieu, grüß alles, was mir gut ist, vielleicht komme ich im Frühjahr auf ein paar Tage, und sehe, was Ihr macht. Dein Heinrich.
Dresden, den 17. Dez. 1807
Zu den Übersichtsseiten (Personen, Orte, Zeit, Quellen)
Personen | Orte | Werke | Briefe | Jahresübersichten | Quellen