Brief 1804-07-11

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Berlin, 11. Juli 1804

Absender: Heinrich von Kleist

Adressat: Ulrike von Kleist


Mein liebes Ulrickchen,

der Major Gualtieri, welcher in einiger Zeit als Gesandter nach Spanien gehen wird, ein Freund meiner Jugend, welcher mir schon in Potsdam, als er noch Flügeladjutant des Königs war, viel Wohlwollen bezeugte, nimmt sich meiner jetzt mit großer Lebhaftigkeit an, und verspricht mir, wenn ich seinem Rate folgen will, mich mit der Zeit zu einem einträglichen und ehrenvollen Posten zu verhelfen. Er will, daß ich mit ihm nach Spanien gehen soll, wohin ich die Reise, dort auch Tisch, vielleicht, nach den Umständen, auch Wohnung frei haben werde, und gibt mir die Versicherung, mir für diesen Fall die Anstellung als Attaché bei seiner Gesandtschaft, in einem Jahr dort (vielleicht) eine kleine Zulage vom König, und in (höchstens) 3 Jahren den Legationsratsposten selber auszuwirken. Ich habe Dir dies alles schon vor mehr als 14 Tagen geschrieben, auch um Deinen Rat gebeten, aber keine Antwort erhalten, und daher (weil Deine Antwort auf meinen ersten Brief mir doch keinen andern Ausweg hoffen ließ) mich bereits darauf eingelassen, so daß diese Sache durch den Kabinettsrat Lombard schon völlig im Gange ist. - Was diese Deine Antwort betrifft, so weiß ich nicht, welcher Ausdruck in meinem Schreiben Dich wegen meines Briefes an den König so beunruhigt haben kann. Denn wenn ich fühle, was ich mir selbst, so weiß ich, was ich dem Könige schuldig bin; welches keiner Rede mehr bedürfen sollte. Auch weiß ich bereits durch Lombard daß der König zwar eine abschlägige Resolution gegeben hat, aber bloß, weil man für mich keinen bezahlten Posten weiß, und mir den Dienst von unten auf nicht anbieten will. Diese königliche Antwort selber habe ich aber bis auf den heutigen Tag (es sind nun 3 Wochen) noch nicht erhalten, bin daher schon einigemal (vergebens) bei Haugwitz und Hardenberg, heute endlich wieder in Charlottenburg bei Kökritz gewesen, der sich darüber sehr wunderte, in meiner Gegenwart zu Kleisten schickte, und da heraus kam, daß eine Unordnung bei Hardenberg oder Haugwitz vorgefallen war, mir riet, die Sache fallen zu lassen, und einen neuen Brief an den König zu schreiben. Dadurch habe ich diesen Mann einigermaßen in mein Interesse gezogen, und bin fast willens, ihm meinen neuen Brief an den König zur Einhändigung zu überreichen. - Übrigens fürchte ich dennoch, daß mir mein erstes Gesuch immer abgeschlagen werden wird; mein zweites aber gewiß nicht, man sieht gar nicht ein, warum? Gualtieri will mich in diesem Fall mitnehmen nach Landeck in Schlesien, wohin Lombard auch gegangen ist, um mir dort die nähere Bekanntschaft dieses Mannes zu verschaffen, der sein spezieller Freund ist. Ich bin dazu sehr geneigt, besonders da ich irgend eines Bades schlechterdings bedarf wenn Du nur mich von der Geldseite darin unterstützen willst. - Schicke, wenn Du etwas für mich erübrigen kannst, dies doch sobald als möglich nach Berlin an Gleißenberg; sobald ich drei oder vier Tage von hier abwesend sein kann, so nutze ich sie, um nach Frankfurt zu reisen, und Dir nähere Auskunft zu geben über die Reise nach Spanien, die ihre gewissen Vorteile zwar hat, aber ungeheure Folgen haben kann. Adieu, grüße alles.

Berlin, den 11. Juli 1804

Dein Heinrich.

N. S. Du bist doch nicht krank, daß Du mir nicht geantwortet hast?


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