Brief 1801-04-01

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Berlin, 1. April 1801

Absender: Heinrich von Kleist

Adressat: Ulrike von Kleist


An Fräulein Ulrike von Kleist, Hochwohlgeb. zu Frankfurt an der Oder.

Berlin, den 1. April 1801

Mein liebes Ulrikchen, Du kannst bei der Glogern, Verlorne Straße Nr. 22, absteigen.

Ich scheibe Dir hier folgende Berechnung auf, welche Du während Deiner Herreise prüfen kannst.

1. Die Pferde sind, da das Frühjahr und der Marsch (denn es rücken von hier einige Regimenter ins Feld) zusammenkommen, sehr teuer, und wir können rechnen, daß 2 Pferde jetzt wenigstens 10 Fr.dor mehr kosten, als sie unter günstigeren Umständen gekostet haben würden. Sie sind bei unsrer Rückkehr, wo der Winter (und vielleicht auch der Friede) eintritt, sehr wohlfeil, überdies auch nach der Wahrscheinlichkeit schlechter geworden; also kann man rechnen, daß wir wenigstens bei ihrem Verkauf 20 Fr.dor daran verlieren.

2. Sie kosten uns monatlich (mit dem Kutscher) wenigstens 6 Fr.dor, macht für 6 Monate 36 Fr.dor.

3. Man kann Unfälle nach der Wahrscheinlichkeit in Anschlag bringen und etwa annehmen, daß von 10 Reisen durch Krankwerden und Fallen der Pferde eine verunglückt. Man müßte also für jede Reise den 10. Teil des Pferdepreises in Anschlag bringen, macht, die Pferde zu 50 Fr.dor gerechnet, 5 Fr.dor.

    Also 20 Fr.dor
           36 -
             5 -
          ---------
Summa 61 Fr.dor.

4. Dagegen kann man rechnen, daß man zwar, durch die Schikane der Postbedienten, der Wagen mag noch so leicht sein, nach der Regel 3 Extrapost-Pferde zu nehmen gezwungen ist; es muß aber durch Geschicklichkeit oft gelingen (besonders in Frankreich, wo man, wie ich häufig höre, sehr wohlfeil reisen soll), mit 2 Pferden wegzukommen; auch kann man gelegentlich mit Bauernpferden reisen. Gesetzt nun, man müßte die Hälfte der ganzen Reise nach Paris, das heißt 6o Meilen, 3 Pferde bezahlen, macht (in preuß. Staaten à 12 gr., in Frankreich aber weit wohlfeiler à 8 gr., also das Mittel à 10 gr.) 60 x 30 = 1800 gr., zweimal genommen (nämlich hin und zurück) 3600 gr. = 150 Rth. Gesetzt ferner, man könnte nur 1/4 der ganzen Reise, also 30 Meilen, mit 2 Pferden wegkommen, macht 30 x 20 x 2 = 1200 gr. = 50 Rth. Gesetzt endlich, man könnte nur das letzte Viertel der Reise mit Bauernpferden à 6 gr. fahren, macht 30 x 12 x 2 = 720 gr. = 30 Rth.

Also 150 Rth.
         50 -
         30 -
      --------------
        230 Rth.

Gesetzt, da alles wohlfeil gerechnet, auch das Biergeld für Postillione vergessen ist, die ganze Reise kostete 70 Rth. mehr, als dieser Anschlag, so würde doch der Betrag nicht größer sein, als 300 Rth.

Dazu kommt, daß wir schneller nach Paris kommen, wo wir uns wohlfeil einmieten können, also in den Wirtshäusern nicht so viel ausgeben.

Endlich ist auch das Betrügen des Kutschers in einem fremden Lande und der Ärger, dem man auf diese Art ausweicht, in Anschlag zu bringen.

Willst Du doch nicht ohne Bedienung reisen (indem wir, wenn wir auf der Hinreise den Brocken besteigen, oder die herrliche Wasserfahrt von Mainz nach Koblenz machen, doch jemanden bei dem Wagen und den Sachen zurücklassen, auch in Paris einen haben müssen, der uns die Stube und Kleider reinigt, Essen holt etc. etc.), so will ich die Hälfte hinzutun, macht etwa 6 Fr.dor für jeden, wobei wir, bei der Ersparung der Biergelder, nicht viel mehr verlieren, als etwa die Hälfte.

Zu einem dritten Reisegesellschafter bin ich weder sehr geneigt, noch ist er leicht zu finden. Brokes und Rühle wären die einzigen, beide sind durch Ämter gefesselt.

Adieu. Ich erwarte Dich Sonnabend. Bringe mir mein Hutfutteral mit. Heinrich.



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