Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 291a): Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 11. Dezember 2013, 14:52 Uhr

Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Karl August Böttiger an Cotta, 21. Oktober 1808

Ist es gegründet, mein teuerster Freund, daß vom neuen Jahr an der Phöbus, den Kleist und Müller edierten, und der mit dem 5. Stück einen totalen Schiffbruch litt, in Ihrem Verlag erscheinen werde? Dies behaupten diese Herrn wenigstens hier allgemein. Ich habe mich schon gewundert, nun Sie Kleists Penthesilea in Verlag nehmen. Aber es ging mich nichts an und ich schwieg. Ich sollte billig auch hier schweigen, da Sie ja meines Rats nicht bedürfen und ihn auch nicht verlangt haben. Indes Sie bewiesen sich bei so vielen und wichtigen Angelegenheiten als den edelsten Mann und als meinen wahren Freund; Sie sagten mir noch in voriger Messe in Leipzig mit einem herzlichen Händedruck, daß ich Ihnen über alles schreiben sollte, was ich Ihrem Interesse zuträglich fände. Daher kann ichs nicht übers Herz bringen, hier ganz zu schweigen. Ich habe mich für diesen Phöbus aus vollem Herzen selbst interessiert und mich seines Gedeihens gefreuet. Denn ich wünsche, daß aus unserm Dresden nichts als Gutes komme. Allein der unsägliche Dünkel, mit dem diese Herrn alles neben sich behandeln und nur in Dunstgewölken, wie die Gespenster Ossians, einherschreiten, mußte, verbunden mit der totalen Unkunde alles dessen, was aufs große, kaufende Publikum wirkt, ihnen bald alle Herzen entfremden, und so haben sie schon bei den ersten 5 Stücken an 2000 Talern zugesetzt. Ich zweifle, daß diese Herrn den Geist ihrer Aufsätze ändern und durch Mannigfaltigkeit und Verständlichkeit gefallen wollen. Darum sage ich Ihnen ins Ohr: mit Rat! Vernichten Sie diesen Brief, oder machen Sie wenigstens nur den Gebrauch davon, den der Freund dem Freunde schuldig ist. Ziehn Sie noch nähere Erkundigung ein. Mich treibt hierbei nur reine Freundschaft. Denn ich habe übrigens nicht die geringste Animosität gegen diese meine Mitbürger.

(Sembdners Quelle: Minde-Pouet, Georg: Briefe von, an und über Kleist. Jahrb. d. Kleistges. 1925/26, S. 56-68)


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