Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 264): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Christoph Martin Wieland an J. D. Falk. Weimar, 22. April 1808'''
  
 
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hingegen lauter Seifenblasen, Irrwische und Wind! Wind!
 
hingegen lauter Seifenblasen, Irrwische und Wind! Wind!
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Wind! ist. Eine lustige ''Theorie'' der Schönheit und der Poesie,
 
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ist, Poesie ist!! Noch lustiger finde ich Herrn Adams ''Methode''
 
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im Vortrag, seine Art zu demonstrieren, wo er den Satz, in
 
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welchem die Beweiskraft liegt, fast allemal ''gratis'' voraussetzt -
 
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Gebrauch davon. Adieu, leben Sie wohl, l[ieber] F[reund].
 
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''(Sembdners Quelle: Weiss, Hermann F.: Funde und Studien zu Heinrich von Kleist. Tübingen 1984, S. 147f. – Sembdner, Helmut: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Die Geschichte einer nützlichen Edition. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 1993, S. 40-48 (Sembdner, Helmut: I[n] S[achen] K[leist], S. 382-391))''
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[Anmerkung Sembdner: »Der bisher unbekannte Brief verrät eindeutig Wielands Abkehr von seinem früheren Schützling Heinrich von Kleist. Zu den im Heft veröffentlichten Szenen aus dem ›Zerbr. Krug‹ (für Falk zweifellos die Veranlassung der Zuschickung!) schweigt Wieland ostentativ. Wieland äußert sich später noch einmal, Wedekind gegenüber, bei Kleists Tod [[[Heinrich von Kleists Nachruhm (NR 85a)|s. NR 85a]]]
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''(Sembdners Quelle: Sembdner, Helmut: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Die Geschichte einer nützlichen Edition. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 1993, S. 40-48 (Sembdner, Helmut: I[n] S[achen] K[leist], S. 382-391))''
  
 
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Aktuelle Version vom 11. Dezember 2013, 11:14 Uhr

Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Christoph Martin Wieland an J. D. Falk. Weimar, 22. April 1808

Mit vielem Dank stelle ich Ihnen, wertester Freund, das 3. Stück des Phöbus wieder zu. Einen possierlichern Mischmasch von Wahrem und Absurdem hab ich nicht leicht gelesen; nur daß alles Wahre gemein und längst gesagt, alles Neue hingegen lauter Seifenblasen, Irrwische und Wind! Wind! Wind! ist. Eine lustige Theorie der Schönheit und der Poesie, vermöge deren alles, was lebt, schön, und alles, was nicht Prosa ist, Poesie ist!! Noch lustiger finde ich Herrn Adams Methode im Vortrag, seine Art zu demonstrieren, wo er den Satz, in welchem die Beweiskraft liegt, fast allemal gratis voraussetzt - seine Manier durch Bilder und Gleichnisse zu beweisen, sein bachstelzenartiges Hin- und Herhüpfen und mit dem Köpfchen hin- und herwackeln und herumgucken etc. Kurz die Dresdner Damen und Herren haben sich da für ihr Geld einen philosophischen Polichinel angeschafft, den sie sich nicht närrscher und drollichter wünschen können … Und um einen solchen morosophischen Marktschreier versammelt sich das hochadeliche und wohlvornehme Dresdner Publicum utriusque sexus, und wirft ihm mit Gold beladne Schnupftücher zu! …

Dieses Blättchen ist nur für Sie: Sie machen also keinen Gebrauch davon. Adieu, leben Sie wohl, l[ieber] F[reund].

(Sembdners Quelle: Weiss, Hermann F.: Funde und Studien zu Heinrich von Kleist. Tübingen 1984, S. 147f. – Sembdner, Helmut: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Die Geschichte einer nützlichen Edition. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 1993, S. 40-48 (Sembdner, Helmut: I[n] S[achen] K[leist], S. 382-391))

[Anmerkung Sembdner: »Der bisher unbekannte Brief verrät eindeutig Wielands Abkehr von seinem früheren Schützling Heinrich von Kleist. Zu den im Heft veröffentlichten Szenen aus dem ›Zerbr. Krug‹ (für Falk zweifellos die Veranlassung der Zuschickung!) schweigt Wieland ostentativ. Wieland äußert sich später noch einmal, Wedekind gegenüber, bei Kleists Tod [s. NR 85a]

(Sembdners Quelle: Sembdner, Helmut: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Die Geschichte einer nützlichen Edition. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 1993, S. 40-48 (Sembdner, Helmut: I[n] S[achen] K[leist], S. 382-391))


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