Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 109b): Unterschied zwischen den Versionen

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Verwirrung machte Aufsehen - bis er mich gefragt hatte, nicht
 
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ohne Bewegung, was ich von ihm dächte -. Da ich ihm trotz
 
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Im ganzen ist Kleist aber doch ein wunderbares Wesen, ich
 
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''(Sembdners Quelle: Kleist, H. v.: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Th. Zolling (Kürschners Dt. National-Literatur). Berlin u. Stuttgart (1885). Bd. 1, Einleitung, S. 137. – Fotokopien und Originale aus dem Nachlaß Georg Minde-Pouets; heute Kleistsammlung der Amerika-Gedenkbibliothek Berlin)''
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[Anmerkung Sembdner: »Auf der letzten Seite schreibt Kleist selbst an Lohse (Brief Nr. 73).«]
  
 
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Aktuelle Version vom 5. Dezember 2013, 14:32 Uhr

Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Caroline von Schlieben an Heinrich Lohse. Dresden, April 1803

… auch Kleist will mir oft dieserwegen bange machen, es ist ihm sehr wahrscheinlich, daß Du mir ent … [Lücke im Text].

Ich möchte Dir so gern mancherlei von Kleisten erzählen, aber ich bin so zerstreut, so unruhig, nur bei Dir sind meine Gedanken. - Es wird Dich aber intresieren, also nur etwas - Da ich keinesweges vermutet hätte, daß Kleist hierher kommen würde, so brachte mich seine Ankunft in peinliche Verwirrung, ich war betreten, wollte etwas zurückhaltend sein, und freute mich doch recht herzlich, - ich erinnerte mich seiner großen Herzensgüte und vergaß auch seine öfterern Entmutigungen gegen Dich - Das machte einen wunderbaren Eindruck bei mir - Kleist war ebenfalls entsetzlich betreten, und seine Verwirrung machte Aufsehen - bis er mich gefragt hatte, nicht ohne Bewegung, was ich von ihm dächte -. Da ich ihm trotz allen Vorfällen nicht gram sein kann, so war er mit meiner Antwort zufrieden, - er machte sich mancherlei Vorwürfe wegen der Vergangenheit, und sagte immer daß Du mir gewiß alles zu sehr zu seinen Vorteil würdest geschildert haben, aus allen aber sahe ich, daß er Dich noch sehr liebt und schätzt, und sollte mich das nicht zutraulich machen? auch gegen mir ist er sehr teilnehmend und freundschaftlich, und scheint es sehr gut zu meinen, er will mich auch bessern, denn er hat mir meine Schwächen sehr vorgehalten - Er hat sich vorgenommen, mir selbst zu erzählen wie ihr auseinander gekommen seid -

Im ganzen ist Kleist aber doch ein wunderbares Wesen, ich kann ihn nicht begreifen; sollte ich Dir sagen wie er mir alles vorgekommen ist, so würde ich nicht fertig werden - Wenn ich Dich gegen ihm betrachte - welch ein Unterschied - Wenn Du Dich nur selbst kennen solltest, ganz Deiner Bewunderung würdig.

So gern als ich noch recht viel mit Dir sprechen möchte, so läßt mir es meine Unruhe nicht zu, dazu die Ungewißheit ob Du diesen Brief erhältst. - Kleist gibt sich wohl viele Mühe dieserwegen …

(Sembdners Quelle: Kleist, H. v.: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Th. Zolling (Kürschners Dt. National-Literatur). Berlin u. Stuttgart (1885). Bd. 1, Einleitung, S. 137. – Fotokopien und Originale aus dem Nachlaß Georg Minde-Pouets; heute Kleistsammlung der Amerika-Gedenkbibliothek Berlin)

[Anmerkung Sembdner: »Auf der letzten Seite schreibt Kleist selbst an Lohse (Brief Nr. 73).«]


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