Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 9)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Familienüberlieferung (Zolling 1885)

In seinem elften Jahre war Heinrich mit seinem Bruder Leopold auf Besuch bei einem Verwandten, dem Onkel [August Wilhelm] von Kleist auf Tschernowitz bei Guben. Dieser soll einmal die beiden Knaben aufgefordert haben, seinen neuen Kuhstall zu besingen, doch gewann nicht Heinrich, sondern der achtjährige Leopold den für das beste Gedicht versprochenen Friedrichsdor. Dieses kindliche Produkt lautet nach mündlicher Mitteilung eines Sohnes von Leopold von Kleist:

Stehe denn, du fest Gebäude,
Hundert Jahre noch wie heute,
Und ein Brand verwüste nie
Deine schöne Symmetrie.

Alle Viehkrankheit und Seuchen
Mögen ferne von dir weichen,
Jeder Ochs und jede Kuh
Stehen hier in guter Ruh.

Wenn mit ungeheurem Knallen
Du wirst ineinander fallen,
Dann sei noch die Sage wahr,
Was das für ein Kuhstall war.

(Sembdners Quelle: Kleist, H. v.: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Th. Zolling (Kürschners Dt. National-Literatur). Berlin u. Stuttgart (1885). Bd. 1, Einleitung S. 3)


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