Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 73)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Zschokke an Eduard von Bülow (1846)

Kleist war eine der schönen Erscheinungen im Leben für mich, die man ihres Selbstes willen liebt und nie zu lieben aufhört. In seinem Wesen schien mir, selbst während der fröhlichsten Stimmungen seines Gemüts, ein heimliches inneres Leiden zu wohnen. Eben das zog mich an ihn, fast mehr als sein talentreicher Geist und sittlicher edler Sinn. Er verlieh seinem Umgang die eigentümliche Anmut. Ich nahm den leisen Zug von Schwermut für ein Nachweh in der Erinnerung an trübe Vergangenheiten, bald auch für Wirkung jenes Seelenleidens, welches junge Männer von Bildung in solchem Lebensalter oft zu ergreifen pflegt, woran ich selber gelitten hatte – Zweifeln und Verzweifeln an den höchsten Geistesgütern. Trug er eine geheime Wunde? Ich wagte nicht sie zu berühren. Die Stelle in einem seiner Briefe [1. Febr. 1802], welche ich in meiner Selbstschau mitgeteilt habe, besonders der Vers [1] und Kleists Wohlgefallen daran, schien meinen stillen Argwohn zu bestätigen. Vielleicht irrt' ich dennoch.


  1. [Ich komme, ich weiß nicht, von wo?
    Ich bin, ich weiß nicht, was?
    Ich fahre, ich weiß nicht, wohin?
    Mich wundert, daß ich so fröhlich bin.]

(Sembdners Quelle: Bülow, Eduard v.: Über H. v. Kleists Leben. Monatsblätter z. Allgemeinen Zeitung. Augsburg, Nov. 1846, S. 512-530)


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