Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 46)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Geheimrat Kunth an Minister von Struensee. Berlin, 4. November 1800

Der ehemalige Lieutenant von Kleist hat nach seinen eigenen Äußerungen gegen uns den Militairdienst bei der Garde darum verlassen, weil er mehr Geschmack am Studiren findet, als an praktischen Geschäften. Seitdem hat er sich in Frankfurth an der Oder, seinem Geburtsorte, dem Studio der sogenannten Naturwissenschaften und der höheren Mathematik fast ausschließlich gewidmet, und wünscht jetzt, durch seine äußern Umstände veranlaßt, auf eine seinen Neigungen und Fähigkeiten angemessene Art im Civildienst gebraucht zu werden. Wir haben ihm den Rath gegeben, sich auf irgend einer Universität als öffentlicher Lehrer zu habilitiren; oder, wenn er sich den Geschäften widmen wolle, die Anstellung bei der hiesigen p Kammer nachzusuchen. Hier werde er eine allgemeinere Übersicht der Landesverfassung und der Geschäfte gewinnen; auch würden seine mathematischen Kenntnisse beim Bauwesen, besonders bei Deich- oder Kanalarbeiten, in Mühlenwerken, beim Feldmessen u.s.f. besser benutzt und bekannt werden; endlich würde er auch bei der hiesigen oder irgend einer andern Provinzialkammer, entweder im Collegia selbst, oder in einer untergeordneten Stelle, zu seinem Fortkommen am ersten Gelegenheit finden.

Wir sehen es als eine Folge dieser Vorstellungen an daß er sein erstes Vorhaben, Ew. Excellenz um formliche Anstellung bei dem Manufactur-Collegio und der technischen Deput. desselben zu bitten, aufgegeben, und sein Gesuch in der urschriftlich beiliegenden Vorstellung bloß darauf eingeschränkt hat den Sitzungen der technischen Deputation beiwohnen zu dürfen.

Diesem Gesuche stehet nun zwar eben nichts Bedenkliches entgegen; indessen wünschen wir zum eignen Besten des p von Kleist, daß Euer Excellenz geruhen wollen, die Bewilligung desselben von seiner Anstellung bei der p Kammer, dem Oberbaudepartement, dem Hofbauamt, oder sonst einem andern Collegia von größerer Wirksamkeit, abhängig zu machen. Er hat den Jahren nach keine Zeit mehr zu verlieren, und sollte daher nicht ausschließlich ein Collegium wählen, welches, wie die technische Deputation, ihm so wenig Gelegenheit zu allgemeiner Ausbildung für den öffentlichen Dienst, und durchaus keine Aussicht auf Beförderung verschaffen kann.

Es ist übrigens der erste Fall, daß jemand, der nicht schon bei dem Manufactur- oder einem andern Collegia stehet, der Deputation als bloßer Auscultant beigesellet zu sein wünscht, und zwar dieses bloß in der Absicht, um selbst seine Brauchbarkeit zu Fabriken- und Commerzialgeschäften zu prüfen.

Wenn Euer Excellenz daher die Bitte des p von Kleist zu erfüllen geruhen sollten: so glauben wir, daß derselbe bloß auf Verschwiegenheit zu vereidigen, oder auch nur mittelst Handschlags darauf zu verpflichten sein würde.

(Sembdners Quelle: Hoffmann, Paul: H. v. Kleist als Beamter in Berlin. Velhagen & Klasings Monatshefte, April 1932, S. 178-80)


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