Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 414a)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


[Carl Müchler.] Archiv für Literatur, Kunst und Politik (Hamburg, 28. Oktober 1810)

Berlin. Seit dem 1. Oktober erscheint hier täglich ein gedrucktes Quartblatt, unter dem Titel: Berliner Abendblätter, das gegen Abend ausgegeben wird. Die Herausgeber haben sich nicht genannt, auch in der vorläufigen Ankündigung erklärt, wie sie sich über den Plan dieser Flugschrift nicht auslassen könnten, wodurch sie freilich einen desto freiem Spielraum erhalten; indes scheint aus den bisher herausgekommenen Blättern vorzüglich hervorzugehen, daß ihre Tendenz dahin gerichtet ist, einige Sarkasmen gegen Individuen in Umlauf zu bringen; hauptsächlich gegen das hiesige Nationaltheater und dessen Direktor, Herrn Iffland. Dies geht sattsam aus einem darin abgedruckten Gedichte: An unsern Iffland, bei seiner Zurückkunft in Berlin, und aus einer Kritik des Stücks: Ton des Tages, Lustspiel von Julius v. Voß, hervor, wo Ifflands Aktion mit den Händen ironisch gelobt wird. Dieser letztere Aufsatz [von Kleist] hat aber zu nachstehendem Epigramm Veranlassung gegeben:

An den Theaterkritiker Xy.
Du rühmst die Kraft von Ifflands Künstlerhänden,
Wir haben nichts dawider einzuwenden,
Verschaffst Du nur ihm bald Gelegenheit,
Sie, im Gefühl pflichtschuld'ger Dankbarkeit,
Im vollen Maß zum Lohne Dir zu spenden.

Aus dem mystischen und metaphysischen Stil in einigen Aufsätzen und aus den Unterschriften H. v. K. und A. M. schließen einige, daß die Herren Heinrich von Kleist und Adam Müller die Herausgeber und vorzüglichsten Mitarbeiter an diesen Abendblättern sind. So strenge Kritiker aber werden sich doch schwerlich solche Nachlässigkeiten zuschulden kommen lassen, wie z. B. in einer der darin erzählten Anekdoten, unter der Überschrift: der (!) Geißel Gottes [»Der Griffel Gottes« von Kleist], worin erzählt wird, daß ein Kloster in Polen einer Gräfin, die solchem ihr Vermögen vermacht, einen aus Erz gegossenen Leichenstein habe setzen lassen. Dies ist doch offenbar ein lederner Schleifstein.

(Sembdners Quelle: Sembdner, Helmut: Die Berliner Abendblätter H. v. Kleists, ihre Quellen und ihre Redaktion. Schriften d. Kleistges., Berlin 1939, S. 10. – Archiv für Literatur, Kunst und Politik. Hrsg. v. Carl Wilh. Reinhold. Jg. 1, Hamburg 1810)

[Anmerkung Sembdner: »In einem nicht überlieferten Schreiben wandte sich Kleist beschwerdeführend an den Herausgeber des Archivs, Carl Reinhold (s. LS 414c).]


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