Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 35)

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Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]


Es währte nicht lange, so hatte Kleists Erscheinung in dem Familienkreise, zu dem auch die Töchter eines ganz nahebei wohnenden Generals [v. Zenge] gehörten, dessen Gestalt vollkommen umgewandelt. Als gute Preußen der damaligen Zeit sprachen namentlich die Damen ein sehr schlechtes Deutsch. Dies stellte ihnen Kleist als eine Schande vor und erteilte ihnen Unterricht in ihrer Muttersprache. Sie mußten ihm insgesamt, nach aufgegebenen Thematen, Aufsätze machen, und er war sehr erfreut, wenn sich eines mit Ehren aus der Sache zog.

Er sorgte für die Lektüre der jungen Mädchen, brachte ihnen die besten Dichter, las ihnen vor und ließ sich ihre Bildung eifrigst angelegen sein.

Als er nachmals den Gedanken gefaßt hatte, Professor zu werden, hielt er ihnen sogar ein Kollegium über die Kulturgeschichte, zu welchem er sich ein ordentliches Katheder hatte bauen lassen. Er betrieb dies Geschäft mit solchem Ernste, daß, als einmal eine seiner Zuhörerinnen auf einen vorüberkommenden Zug aufmerksamer als auf ihn war, er plötzlich sehr erzürnt abbrach, und seine Vorlesungen auf lange Zeit einstellte, um sich nur erst nach vielen Bitten und mit vieler Mühe zu ihrer Fortsetzung überreden zu lassen.

Kleist ging neben diesen ernsteren Beschäftigungen nicht minder auf die Spiele der jungen Mädchen ein, und als sich deren Neigung dereinst Sprüchwörtern zugewendet hatte, richtete er nicht nur mehrere zum Aufführen ein, sondern schrieb auch ganz besonders einige für sie, die er ihnen sorgfältigst einstudierte und mit denen er ebenso wie mit seinen Neujahrs- und Gelegenheitsgedichten vielen Beifall erwarb. [33a]

(Überlieferung (Bülow 1848))


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