Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 345)
Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]
Clemens Brentano an Joseph Görres. Berlin, Mitte Februar 1810
Adam Müller, der jetzt hier lebt, ist ein gescheiter, zur Vornehmigkeit und Noblesse geneigter, etwas eindärmigter Mann, der mir recht gut ist und mit dem ich mich oft amüsiere, denn er hat keine meiner Eigenschaften, ist statt dessen ruhig und hinlänglich, zu Zeiten sogar langwierig und -weilig. Der Phöbus Kleist, der von Müller für tot gehalten wurde, ist von Prag wieder hier angekommen, und nachdem ich nun seine übrigen im Phöbus zerstreuten Arbeiten, besonders den Anfang des Käthchens von Heilbronn und der schönen Erzählung Kohlhaas gelesen, war ich recht erfreut, ihn lebendig zu wissen und zu sehn. Er ist ein sanfter, ernster Mann von zweiunddreißig Jahren, ohngefähr von meiner Statur; sein letztes Trauerspiel Arminius darf nicht gedruckt werden, weil es zu sehr unsere Zeit betrifft; er war Offizier und Kammerassessor, kann aber das Dichten nicht lassen, und ist dabei arm.
(Sembdners Quelle: Brentano, Clemens: Briefe. Hrsg. v. Friedr. Seebaß. Nürnberg (1951), Bd. 2, S. 30)
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