Heinrich von Kleists Lebensspuren (LS 265b)
Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Neu herausgegeben von Helmut Sembdner. München 1996. [In der Kleist-Literatur üblicherweise mit der Sigle LS und laufender Nummer zitiert.]
Friedrich Gentz an Adam Müller. Teplitz, 2. Juni 1808
Ich habe einen Brief von Kleist erhalten, der mich an so vielen Seiten zugleich packt, daß ich lügen und heucheln würde, lieber als gefühllos zu scheinen. Ich habe es aber, gottlob, nicht nötig. Das Heil Dir! war kein Hexengeschrei; meine Idee von der Größe und Fülle des Kleistschen Talents ist ganz dieselbe geblieben; nicht erst im Guiskard, auch schon in der - mir ewig verhaßten - Penthesilea fand ich sie wieder! Was liegt denn daran, daß ein solcher Dichter ein paar falsche Griffe tue? Er bleibt sich und seiner Nation gewiß. - Ich werde, obgleich innerlich beschämt über den viel zu großen Wert, den er auf mein Urteil legt, mich in kurzem unmittelbar gegen ihn erklären.
(Sembdners Quelle: Briefwechsel zwischen Friedrich Gentz und Adam Heinrich Müller. Stuttgart 1857, S. 138)
[Anmerkung Sembdner: »Kleists Brief an Gentz ist uns nicht überliefert.«]
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