Brief 1811-08-15

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Berlin, 15. August 1811

Absender: Heinrich von Kleist

Adressat: Friedrich de la Motte Fouqué


Mein liebster Fouqué,

Zum Dank für das liebe, freundliche Geschenk das Sie mir mit Ihren Schauspielen und Ihre Frau Gemahlin mit ihren kleinen Romanen gemacht haben, übersende ich Ihnen diesen soeben fertig gewordenen zweiten Band meiner Erzählungen. Möge er Ihnen nur halb so viel Vergnügen machen, als mir die vortrefflichen Erzählungen Ihrer Frau Gemahlin, in welchen die Welt der Weiber und Männer wunderbar gepaart ist, gemacht haben. Auch Ihren vaterländischen Schauspielen bin ich einen Tag der herzlichsten Freude schuldig; besonders ist eine Vergiftungsszene im Waldemar mit wahrhaft großem und freien dramatischen Geiste gedichtet und gehört zu dem Musterhaftesten in unserer deutschen Literatur. Wenn es Ihnen recht ist, so machen wir einen Vertrag, uns alles, was wir in den Druck geben, freundschaftlich mitzuteilen; es soll an gutem Willen nicht fehlen, mein Geschenk dem Ihrigen, so viel es in meinen Kräften steht, gleich zu machen. Vielleicht kann ich Ihnen in kurzem gleichfalls ein vaterländisches Schauspiel, betitelt: der Prinz von Homburg, vorlegen, worin ich auf diesem, ein wenig dürren, aber eben deshalb fast, möcht ich sagen, reizenden Felde, mit Ihnen in die Schranken trete. Geschäfte, der unangenehmsten und verwickeltsten Art, haben mich für diesen Sommer abgehalten, Ihnen in Nennhausen meine Aufwartung zu machen; inzwischen kommt es mir vor, als ob eine Verwandtschaft zwischen uns prästabilitiert wäre, die sich in kurzer Zeit gar wunderbar entwickeln müßte, und es gehört zu meinen liebsten Wünschen, dies noch im Lauf dieses Herbstes zu versuchen. Vielleicht, mein liebster Fouqué, wenn Sie zu Hause bleiben, erscheine ich noch ganz unvermutet bei Ihnen, und erinnere Sie an die freundschaftliche Einladung, die Sie mir zu wiederholtem Male gemacht und nun vielleicht schon wieder vergessen haben. Meine gehorsamste Empfehlung an Ihre Fr. Gemahlin, so wie an Frl. v. Luck und alle übrigen, in deren Andenken ich stehe; wenn Sie, wie man hier sagt, nach Berlin kommen sollten, so werden Sie nicht vergessen, Ihre Gegenwart auf einen Augenblick zu schenken
Ihrem treusten und ergebensten
H. v. Kleist.
Berlin, den 15. August 1811


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