Brief 1811-02-26/03
Absender: Karl August von Hardenberg
Adressat: Heinrich von Kleist
Es ist unbegreiflich, wie Ew. Hochwohlgeboren sich haben beigehen lassen können, mir das Schreiben mitzuteilen, welches Sie an den Regierungsrat v. Raumer abgelassen haben, da Sie wissen mußten, daß es Behauptungen enthielt, deren Ungrund mir ganz genau bekannt war.
Das Abendblatt hat nicht bloß m e i n e Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sondern die Sr. Majestät des Königs Höchstselbst, weil Sie in eben dem Augenblicke, wo die neuen Finanzgesetze erschienen, Artikel darin aufnahmen, die geradezu dahin abzielten, jene Gesetze anzugreifen. Es wäre genug gewesen, die Zensur zu schärfen oder Ihr Blatt ganz zu verbieten, da es bei aller Freiheit, die man unparteiischen Diskussionen über Gegenstände der Staatsverwaltung bewilligt, doch durchaus nicht gestattet werden kann, daß in Tageblättern Unzufriedenheit mit den Maßregeln der Regierung aufgeregt werde. Aus wahrer Wohlmeinung gegen Sie sprach ich aber mit Ihnen, und versprach Ihnen Unterstützung, wenn Sie ein zweckmäßiges Blatt schrieben. Die Auslegung, die Sie diesem Anerbieten gaben, als ob man Sie hätte erkaufen wollen, ist ebenso unrichtig, als die Behauptung, daß Sie die angebotene Unterstützung abgelehnt hätten. Sie haben aber keinen Anspruch darauf, weil die Abendblätter auf keine Weise den Zweck erfüllen und durch ihren Unwert von selbst fallen müssen, denn Auszüge aus längst gelesenen politischen Zeitungen und ein paar Anekdoten können, wie Sie selbst einsehen werden, nicht das mindeste Recht auf Unterstützung reklamieren oder die Benennung eines halboffiziellen Blattes verdienen. Ew. Hochwohlgeboren haben es sich demnach allein selbst zuzuschreiben, wenn die gute Absicht, die ich für Sie hegte, nicht erfüllt wird, und ich kann nicht umhin, Ihnen zu sagen, daß Ihre Korrespondenz mit dem Herrn v. Raumer, in der Sie sich im Widerspruch mit sich selbst befinden, mir äußerst mißfallen hat.
Berlin, den 26. Febr. 1811
Hardenberg
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